
P E T E R L I N D E N
Journal für Lyrik und Grafik
- im fett verklebt -
es fehlt uns an riesenkraken
die die menschheit umarmen
damit sie kein unheil mehr anrichtet …
es fehlt uns an kanarienvögeln
die es gewohnt sind
in heißer rindfleischsuppe zu landen
so daß sich die zeit danach im fett verklebt …
es fehlt uns an ameisen
die mit papstmützen herumlaufen
und sich ein grinsen nicht verkneifen können …
es fehlt uns an gestrandeten seemännern
die ihre ernsthaftigkeit gegen die komik einer stunde
verkaufen …
es fehlt uns an kranken
die sich den visionen der gesundheit hingeben
und daran sterben …
[20.07.90]
L I N D E N B L Ü T E N
– industrielles delirium –
die halsketten des luxus sind geschmückt
mit den verschlüssen der garotten
diamanten spiegeln den glanz weinroter blutstropfen
die deutsche gesellschaft für qualität
prüft und tätowiert das leben
halbwertzeit
zum wohle der völker!
fingerspitzen gekrönt mit stecknadelköpfen
made in germany
in den schlingen der tropenwälder singen die motorsägen
wo ist die eidottermutter des lebens?
sie deckt mit zähflüssigen tränen den aufschrei zu
streichelt die falten des spiegels
die trunkenheit grüßt uns mit dem gesicht des vergessens
und der geist der anarchie küßt uns
mit seinen vertrockneten lippen
eine karaffe des jugendstils behält ihren erotomanischen blick
der tag hat seine letzten patronen verschossen
und legt das gewehr zu den füßen der nacht
leise
senile hochrechnende alte männer des möglichen
und unmöglichen kleben am arsch der welt
und rufen zur rettung schiffbrüchiger schildkröten auf
um sie getrocknet der nachwelt zu präsentieren
ich bin fast zu hause
[1991]